Lahn 2008

Lahntour 2008

Warum denn in die Ferne schweifen, das Gute liegt so nah.

Frei nach diesem Motto haben wir uns in diesem Jahr entschlossen, die Lahn herabzuradeln. Die Lahn entspringt im Rothaargebirge und in Bad Laasphe, ca. 24 km von der Quelle entfernt, mit dem Zug über Siegen zu erreichen, startet unsere Tour. Nachdem uns die DB von Troisdorf aus mit den ältesten verfügbaren Waggons mitgenommen hat, waren wir um 15.00h am Ziel. 

Unser „Privatzimmer“, eine grossräumige Ferienwohnung im 1. Stock, gefällt uns sehr. Nach dem Abladen des Gepäcks, schauten wir uns in Bad Laasphe um und nahmen  Kontakt mit der noch sehr jungen Lahn auf. Gerade mal ein schmaler Bachlauf mit klarem Wasser. Das sollte sich aber bald ändern. Abendessen mit XXL-Schnitzel und Bratkartoffeln. Muß man hier nicht noch mal essen.

 

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Am nächsten morgen ging es los, Richtung Marburg. Der Radweg ist durchgängig gut ausgeschildert und bis Biedenkopf hat er noch so viel Gefälle, dass man kaum treten muss. Aber es kommen noch einige Anstiege, die die Muskeln schön warm werden lassen. Der Radweg führt  zumeist über Wirtschaftswege. Aber er kreuzt auch immer wieder die Lahn, so dass man gut erkennen kann, wie die Lahn wächst.

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Marburg ist schon von weitem zu erkennen, denn das Schloß trohnt hoch über der Stadt. Unser vorgebuchtes Zimmer im „Bistro Plateau“ liegt ca. 200 m über dem Lahntal und lässt sich nur mit dem Bus erreichen. Unsere Enttäuschung ist gross, denn  bei der Ankunft erkennen wir: Das Bistro ist geschlossen. Nur nach telefonischer Rücksprache erfahren wir erst, wo unser Zimmerschlüssel „versteckt“ ist. Das Zimmer selbst ist eine Riesenenttäuschung: Für jeden nur ein winziges Handtuch, Lattenrost im Bett kaputt, keine Getränke verfügbar, keine Zahnputzbecher, Lampen kaputt. Nun, für 40 Euro kann man wohl auch nicht mehr erwarten. 

Durstig und hungrig fahren wir mit dem Bus nach Marburg, besichtigen die sehr schöne Altstadt und natürlich auch das Schloß. Abendessen in einem der typischen Touristenlokale. Anschließend mit dem Bus wieder zurück.

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Am nächsten Morgen, wir hatten das Frühstück für 8.00h bestellt, ist niemand zu sehen. Also beladen wir die Räder und als wir 8.20h  abfahren wollten, erscheint jemand, der sich  auf unsere Ansprache hin als „Zimmerwirtin“ zu erkennen gibt. Uns fällt der Unterkiefer auf die Tischdecke, als nun erklärt wird, dass die  40 Euro je Person zu betrachten sind und das (erbärmliche) Frühstück mit weiteren 10 Euro zu Buche schlägt. Also kommen wir mit den Kosten für die  Busfahrerei auf 100 Euro! Zu einem weit geringerem Preis hätten wir in Marburg im 4* Hotel  fürstlich übernachten  können.

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Aber die Sonne lacht und nachdem wir uns die sehr steile Straße zum Radweg heruntergebremst haben, geht es durch die herrlich frische Luft weiter nach Wetzlar. Das Lahntal ist hier sehr breit und  erinnert mehr an den Niederrhein als an den Westerwald. Gießen, eine echte Industriestadt, wird zum Glück grossräumig umfahren. Immer wieder laden Brombeerhecken zu einer kleinen Pause ein. Vorbei an schönen Seen erreichen wir am frühen Nachmittag Wetzlar. Hier nehmen  wir Quartier im „Wöllbacher Tor“, direkt an der Altstadt.

Zum Vergleich: 1a Zimmer, Getränke auf dem Zimmer, reichlich Handtücher, Top Frühstücksbüffet für 79 Euro.

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Den ganzen Nachmittag besichtigen wir die herrliche Altstadt, essen Pflaumenkuchen und suchen uns dann für’s Abendessen das „Böhmische Eck“ aus. Hier  werden unsere Erwartungen an die Küche nicht enttäuscht. Der Wirt, Österreicher, kocht für uns nach Wunsch und im gemütlichen Hinterhof lassen wir uns es gut gehen.  So macht Radelurlaub Spaß! 

Am nächsten Morgen geht es über Weilburg nach Runkel. Zunehmend wird aus der Hochebene ein Tal und ab Weilburg ist es dann recht eng und die Berge schön hoch. Der Radweg hört kurz vor Weilburg urplötzlich, ohne jede Vorwarnung,  auf und man landet auf der sehr stark befahrenen Bundesstraße. In Weilburg selbst ist die Radwegführung dann wieder vorhanden und weist den Weg zu einer steilen Treppe. (!)Trotzdem schaffen wir es, den Berg zu erklimmen und machen oben vor dem Rathaus Mittagspause. Aber wir müssen weiter, denn in Ulmenau haben wir ein Kanu gechartert mit dem wir 12 km flussabwärts nach Runkel paddeln werden. Räder + Gepäck werden derweil mit einem Auto zum Zielort transportiert. 

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Bei einer kurzen Einweisung wird uns „erklärt“ wie das Kanu „funktioniert“ und die vor uns liegenden Schleusen zu bedienen sind. Sonja will hinten sitzen und den Steuermann geben, während ich vorne sitze. Ich habe schon -zig mal ein Ruderboot gerudert, aber ein Kanu ist etwas völlig anderes. Kaum Tiefgang, keinen Kiel, kein Steuer, so schaukelt das Gefährt unkontrollierbar, wie ein Korken auf dem Wasser und widersetzt sich Sonjas „Steuerung“ mit aller Macht. Schon nach wenigen Minuten rammen wir das linke Ufer. Nicht zum letzten Mal. Zum Glück kentern wir nicht und in Folge kreuzen wir stetig von rechts nach links und wieder zurück, immer wieder haarscharf am Ufer vorbei. 

Die anfängliche Strömung kommt in Schleusennähe völlig zum Erliegen und ein starker Gegenwind zwingt uns zu übermenschlichen Paddelanstrengungen, die schlimmen Muskelkater erwarten lassen. 

Mittlerweile haben wir grossen Durst, aber keiner von uns traut sich aufzustehen und die mittig im Kanu liegende Wasserflasche zu holen. Jede Bewegung wird mit starken Schaukelbewegungen bestraft und so lassen wir es lieber bleiben Schließlich  erreichen wir die erste Schleuseneinfahrt. Ein Aufstehen und Aussteigen scheint unmöglich, denn unser Kanu zeigt sich von der bösartigsten Seite und wackelt extrem hin und her, sowie ich auch nur den Versuch unternehme, aufzustehen. Zu unserer Rettung kommen 2 Jungs angepaddelt, die uns mit durch die Schleuse nehmen.

Hinter der Schleuse: Keine Strömung, der Gegenwind wird immer stärker, das Lahntal wird immer enger, die Lahn selbst immer breiter und ganz offensichtlich auch immer tiefer. Die nächste Schleuse wartet schon. Als wir endlich ankommen, sind unsere „Retter“ schon durchgeschleust und ich überlege, das Kanu „aufzugeben“, den Rest zu Fuß zu laufen. Glücklicherweise erscheint auf dem Schleusentor  einer unserer Retter und nach lauten Hilferufen von Sonja schleusen uns die Jungs durch. UFF, geschafft denke ich, doch nach der Schleuse müssen wir die plötzlich reißende Strömung der Lahn  von rechts nach links durchqueren, um anzulegen.

 Dieses komplizierte Manöver führt dazu, dass wir auf dem Kies, etliche Meter von der Anlegestelle  entfernt, landen und uns nicht mehr rühren können. Glücklicherweise bemerken die Jungs unsere „Seenot“ und retten uns. Für 12 km haben wir 4 Stunden gebraucht, alle Knochen tun uns weh, Durst ohne Ende, aber wir sind glücklich: Nochmal mit dem Leben davon gekommen.

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Der anschließende Aufstieg (17%) zu unserem Hotel erscheint uns mühelos, im Vergleich zu dem überstandenen Kanuabenteuer. Im Hotel Schaaf erwartet uns ein erstklassiges Zimmer und ein sehr leckeres Abendessen. 

Nach einer fest durchgeschlafenen Nacht nehmen wir die prachtvolle Burg Runkel in Augenschein und weiter geht es nach Limburg. Den herrlichen Dom, von der Autobahnbrücke (A3) schon mehrfach aus den Augenwinkeln gesehen, können wir uns nun in aller Ruhe anschauen und mit den Rädern durch die herrliche Altstadt bummeln. Auf dem Markt decken wir uns mit frischem Obst ein. Der Lahnradweg  führt uns nun nach Diez.  Hier nehmen wir noch mal die DB in Anspruch, da auf dem folgenden Teilstück der Radweg nicht fertiggestellt ist.  Mit einem sehr steilen Anstieg um 300 Höhenmeter ist dieser Abschnitt nichts für uns. 

Wir  erwischen den „Vector“, der ist mit seinem Platzangebot und Einstiegsmöglichkeiten wie gemacht für Radreisende.

Schon kurze Zeit später erreichen wir Nassau und geniessen ein Riesenstück Pflaumenkuchen. Gegen 16.00 radeln wir dann in Bad Ems ein. Leider ist es sehr verhangen, recht kühl und es sieht nach Regen aus. Die schönen Grünanlagen können wir daher nicht geniessen.

 

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Der  nächsten Morgen startet mit herrlichem Sonnenschein. Schnell liegt Bad Ems hinter uns und es geht vorbei an der Burg Lahneck bis Koblenz. An der Lahnmündung nehmen wir Abschied von der Lahn, die im Laufe der Tage zu einem richtig „fetten“ Fluß geworden ist. Leider ist aber auch das Wasser sehr trübe geworden. 

Am „Deutschen Eck“ trinken wir Kaffee und nehmen dann den Zug bis Bad Honnef. Von dort aus radeln wir nach Troisdorf, nicht ohne in unserem Lieblingslokal „Siegfähre“ einen kleinen Imbiss zu nehmen. 

250 km war die Tour lang, die uns unsere Heimat wieder ein Stück näher gebracht hat. Zum Glück sind wir nicht ein einziges Mal (auch auf der Lahn nicht) nass geworden und verfahren haben wir uns auch nicht. Nächstes Jahr fahren wir wieder, aber dann 14 Tage.

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